berlin_AusstellungWilliam Kentridge, einer der bekanntesten Künstler aus Südafrika, kam nach Berlin um seine Kunstwerke zu präsentieren. Die Ausstellung wurde von Deutsche Guggenheim’ organisiert.

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Die Auftragsarbeit “Black Box/ Chambre Noire” des südafrikanischen Künstlers präsentiert „Deutsche Guggenheim’ in seinen Ausstellungsräumen Unter den Linden vom 29. Oktober 2005 bis zum 15. Januar 2006: Mit dieser Multimedia-Installation, die aus animierten Filmen, plastischen Objekten, Zeichnungen und einem mechanischen Miniaturtheater besteht, setzt „Deutsche Guggenheim’ nach John Baldessaris “Somewhere Between Almost Right and Not Quite (With Orange)” die Reihe der Auftragsarbeiten fort.

Das Werk von William Kentridge zeugt von einer tiefen Verbundenheit mit den Themen Vergangenheit und Erinnerung, die der Künstler gesellschaftlich und politisch reflektiert. Kraftvoll überarbeitete Kohle- und Pastellzeichnungen bilden die Grundlage seiner Filme – auf ihnen hinterlässt er Spuren sehr sichtbarer Pentimenti, die den Prozesscharakter der Arbeiten und die unauslöschliche Präsenz der Vergangenheit unterstreichen.

Bekannt ist Kentridge ebenso für seine Theaterproduktionen, in denen er vielschichtige Multimedia-Performances realisiert. Objekte und deren Schatten, Puppen und die Hand des Puppenspielers, Spuren seiner Handschrift und Radierstellen finden sich in seinen Bühnenbildern und Filmprojektionen wieder. Als Ausgangspunkt für die neue Arbeit Black Box/ Chambre Noire wählte er Deutschland, die Heimat des Auftraggebers.

Viele seiner Arbeiten erforschen die Geschichte Afrikas und Südafrikas; darüber hinaus fühlt sich Kentridge schon lange der deutschen Kunst und Kultur verbunden und produzierte Werke, die von deutschen Künstlern oder literarischen Figuren inspiriert wurden. Beeinflusst wurde die Annäherung an dieses Thema außerdem durch seine zeitgleiche Regiearbeit zu Mozarts Zauberflöte.

Sowohl das Bühnenmodell als Objekt als auch das Thema der Aufklärung finden sich in Black Box/Chambre Noire wieder. Die eher düsteren Folgen des philosophischen Erbes dieser Epoche werden untersucht, der zentrale Prozess der Umkehrung, der häufig im Mittelpunkt von Kentridges Werken steht, reflektiert.

Die drei Bedeutungsebenen des Titels Black Box/ Chambre Noire werden dabei von Kentridge spielerisch verwendet: die “Black Box” als Theater, als photographisches “Chambre Noire” – Dunkelkammer – und als Flugdatenschreiber, der Katastrophen dokumentiert. Das Motiv der “Black Box” bildet den Hintergrund für die Konstruktion von Geschichte und Bedeutung, den Prozess der Trauer, die Schuld und Sühne, aber auch die sich verändernden Blickwinkel des politischen Engagements und der politischen Verantwortung.

Die Entwicklung visueller Technologien überschneidet sich in Black Box/ Chambre Noire mit der Geschichte des deutschen Kolonialismus bzw. der deutschen Präsenz in Afrika, insbesondere des 1904 von den Deutschen verübten Massakers an den Hereros in Deutsch-Südwest (dem heutigen Namibia). Dieses Massaker, das von einigen Historikern als erster Genozid des 20. Jahrhunderts bezeichnet wird, führte beinahe zur Vernichtung des Stammes.

Nachdem 1885 Südwestafrika deutsches Protektorat wurde, drangen in den folgenden Jahren deutsche Siedler immer tiefer in das Land der Hereros ein und enteigneten diese. Als die Situation der Herero- Stämme immer aussichtsloser wurde, rief ihr Häuptling Samuel Mahareru zu einer Revolte gegen die herrschenden Deutschen auf. Unter dem Kommando von General von Trotha schlugen die deutschen Truppen zurück.

Trotz zunehmender Proteste gegen von Trothas harte Vorgehensweise in den Kolonien wie auch in Deutschland, musste der General erst 1905 zurücktreten, nachdem 75 Prozent des Stammes getötet worden waren. 1914 übernahm Südafrika Deutsch- Südwestafrika als Protektorat – 1990 endete diese Zwangsherrschaft mit der Unabhängigkeit Namibias.

Seine Identität als Südafrikaner veranlasste Kentridge, Vorstellungen von Täterschaft und Mittäterschaft, Sühne und Trauer zu hinterfragen. Das Werk des Künstlers verfolgt seit den 1970er Jahren eine Richtung, die das Persönliche und das Politische durch den innovativen Gebrauch von Kohlezeichnung, Animation, Film und Theater miteinander verknüpft.

Sein Werk zeigt eine nuancierte Sicht auf die zeitgenössische, vom Erbe der Apartheid geprägte südafrikanische Gesellschaft – gebrochen durch die individuelle Erfahrung. Kentridge konstruiert seine unverwechselbaren animierten Filme mittels einer besonderen Technik, in der jede animierte Sequenz aus einem Prozess des sukzessiven Veränderns, Ausradierens, Übermalens entsteht – hin zu einer einzigen animierten Zeichnung, die am Ende desselben übrig bleibt.

Kentridge schloss 1976 sein Studium in Politikwissenschaften und Afrikanistik an der University of the Witwatersrand [ZA] ab. Von 1976-80 studierte er an der Johannesburg Art Foundation, wo er von 1978-80 Druckgrafik unterrichtete. Seit 1992 erarbeitet und realisiert Kentridge in Zusammenarbeit mit der Handspring Puppet Company multimediale Theaterprojekte.

Nach William Kentridge funktionieren die Filme grundsätzlich wie vierdimensionale Zeichnungen. Manchmal bleibt die Zeichnung zweidimensional und wird als gemalter Hintergrund eingesetzt, so wie auch bei Black Box im „Deutsche Guggenheim’. Es gibt Projektionen auf flachen Oberflächen, die einen zeitlichen Ablauf ins Spiel bringen, der dann die Hintergründe animiert.

Das Miniaturtheater der Black Box ist ein optisches Spielzeug, das zugleich ein Vorläufer des Kinos ist. Anstatt Akteure auf einer Bühne zu erleben, geht es hier darum, ein verkleinertes Kinder-Theater mit seiner beweglichen Maschinerie zu sehen. Auf einer formalen Ebene hat Black Box etwas mit dem Varieté des Vaudeville zu tun, das im späten 19. Jahrhundert die Ära des Kinos einläutete.

Die Ausstellung wird von einem umfassenden Rahmenprogramm aus Vortrag, Film, Musik und Kinderprogramm begleitet. Am Samstag, dem 29. Oktober, um 16 Uhr, findet im Deutsche Guggenheim ein Artist’s Talk statt, in dem William Kentridge über seine neue Arbeit spricht. Kostenlose Führungen finden täglich um 18 Uhr statt. Die bekannten Lunch Lectures mittwochs um 13 Uhr sowie die sonntäglichen Themenführungen um 11.30 Uhr runden das Angebot ab.

Ein besonderes Highlight bietet sich am 2. und 4. Dezember 2005: Nach einem erfolgreichen Auftakt in Johannesburg, Zürich und einem Open Air im Central Park, New York, zeigt das Deutsche Guggenheim in Berlin die Deutschlandpremiere der herausragenden Live-Musik-Performance Journey to the Moon & 9 Drawings for Projection .

Kentridges Filmarbeiten 9 Drawings for Projection aus seiner “Soho Eckstein”-Serie sowie Journey to the Moon werden zusammen mit einer Live-Performance der Originalfilmmusik präsentiert. Komponiert von Philip Miller wird die Musik vom Archimia-Quartett und Vincenzo Pasquariello, Piano, im Atrium der Deutschen Bank aufgeführt, in einer Produktion von Art Logic, Johannesburg, und Change Performing Arts, Mailand. Die Ausstellung ist täglich von 11-20 Uhr, am Donnerstag bis 22 Uhr geöffnet. Montags ist der Eintritt frei.

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