Von Balufu Bakupa-Kanyinda und Carol Pineau.
“Es ist absolut falsch von den Medien, wenn sie nur darüber berichten, dass Afrika dem Rest der Welt bezüglich der IT- Technologien in nichts nachsteht, nicht aber erwähnen, wie die Afrikaner wirklich die wenigen Mittel ausschöpfen, die ihnen zur Verfügung stehen.”

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Neben der Nord – Süd Dichotomie ist die IT- Revolution in vielen afrikanischen Ländern zu einer alltäglichen  Angelegenheit geworden und Internet, Handys und digitale Videokameras werden mit einer außerordentlichen Kreativität und Vielseitigkeit verwendet. Afrodigital ist ein 52minütiger Dokumentarfilm, der unter der Regie von   Balufu Bakupa-Kanyinda aus dem Kongo gedreht und von der UNESCO produziert wurde, betrachtet die Vorteile von ICT für Afrika. Stell dir ein Afrika vor, das von einem Unternehmensgeist geleitet ist, der danach strebt, für sich selbst zu sorgen und alle afrikanischen Probleme zu lösen.

 

Dies wird in dem bahnbrechenden einstündigem Dokumentarfilm “Africa Open For Business” von Carol Pineau, Gewinnerin des Preises für die beste Produktion gezeigt. Als im Jahre 1991 die Regierung von Somalia zusammenbrach, kam die nationale Fluglinie zum Erliegen. Heute gibt es fünf private Fluganbieter und der Preiskampf hält die Ticketkosten niedrig.

Die Welt sieht Afrika zwar nicht als ein Unternehmerland, aber schlaue Investoren wissen, dass Afrika den besten Gewinn für Direktinvestment auf der Welt bietet, ja, auf der Welt. „Afrika: Open for Business“ ist ein einstündiger Dokumentarfilm, der zehn Unternehmen aus Afrika vorstellt, angefangen bei einem kleinen Café in Kampala bis hin zu einem Blumenexporteur aus Kenia, der jede Nacht einen 747 Frachtjet beladen mit Produkten nach England schickt. Einige arbeiten in Ländern mit einer guten Regierung, ein anderer arbeitet in einem Land ohne Regierung, aber was sie gemeinsam haben ist die harte Arbeit und ein guter Geschäftssinn. Zusammen bauen diese Männer und Frauen Afrika auf.

Afrika ist auch das Land der Aktienmärkte, Hochhäuser, Internetcafes und einer wachsenden Mittelklasse. Dieser Funktionalitätsteil Afrikas ist auf die Aufmerksamkeit der Medien angewiesen, wenn er jemals eine Chance bekommen soll, eine Rolle in der globalen Weltwirtschaft zu spielen. Afrikas Medienimage ist sehr kostspielig- genauso  teuer wie der Lebensunterhalt. Geschichten über Not und Tragödien führen dazu, dass unsere Herzen weinen und wir noch tiefer in die Taschen greifen oder die Regierung dazu drängen, noch mehr Hilfe zu schicken. Aber kein Land und keine Region konnten sich bisher nur aufgrund dieser Hilfe weiter entwickeln. Investment, Jobs und die Schaffung von Wohlstand sind auf lange Sicht der einzige Weg zu einer Entwicklung. So haben es auch China, Indien und Asien geschafft.

Auch wenn Investoren erkannt haben, dass es sinnvoll sein kann, in Afrika zu investieren, würden sie niemals hier ihr Geld reinstecken. Dieses Investmentloch bedeutet Jobstagnation, andauernde Armut und vermindert den Bildungsstandard sowie die Gesundheitsversorgung, um nur ein paar Fakten zu nennen. Ghanas Börse toppt regelmäßig die Liste der weltbesten Börsen. Auch Botswana braucht sich mit einer 1a Bonitätsrate und dem höchsten pro- Kopf Sparzinssatz auf der Welt nicht zu verstecken.

Übertroffen wird dies nur noch von Singapur und ein paar weiteren finanztechnisch gewieften Nationen. Handys sorgen für einen phänomenalen Profit auf diesem Kontinent. Bekannte Unternehmen mit Markennamen wie Coca-Cola, GM, Caterpillar und Citibank investieren schon seit Jahren in Afrika und sind sehr optimistisch, was die Zukunft betrifft.

Karikatur eines Kontinents
Das Versäumnis, auch diese Seite Afrikas zu zeigen führt zu einer eindimensionalen Karikatur eines komplexen Kontinents. Stellen Sie sich vor, der 11. September, die Bombe von Oklahoma City und die Schulschiessereien seien das einzige, was die Welt über die USA erfahren würde. Kürzlich habe ich einen Dokumentarfilm über das Unternehmertum und private Unternehmen in Afrika produziert. Während dieses jahrelangen Prozesses habe ich festgestellt, dass wir alle in den Medien, auch die, die diesen Kontinent lieben, ihn in einer Weise porträtieren, die wahrlich zu seinem Nachteil ist.

Der erste Kameramann, den ich anrief, um den Dokumentarfilm zu drehen  lachte und sagte, “Unternehmen und Afrika, schließt sich das nicht aus?” Der zweite wurde richtig aufgeregt, als er sich herzerwärmende Bilder von Frauen in Genossenschaften und Marktstände voll gepackt mit rustikalen Handarbeiten vorstellte. Ein paar Freunde nahmen an, ich würde einen Dokumentarfilm über Aids drehen. Denn über was sonst sollte man einen Film in Afrika drehen? Eine wenig bekannte Tatsache ist, dass Unternehmen in Afrika wachsen. Mit einer guten Regierung und einer soliden Finanzpolitik ist die Wirtschaft von Ländern wie Botswana, Ghana, Uganda, Senegal und vielen weiteren überraschend stark gewachsen und weist robuste Quoten auf.

Somalia: Surprise, Surprise
Private Unternehmen sind nicht nur auf wohlständige Staaten begrenzt. Man wird kaum ein Land finden, das so sehr vom Krieg geplagt ist wie Somalia, ein Land, das nahezu ein Jahrzehnt lang ohne zentrale Regierung war. Und die Überraschung? Private Unternehmen wachsen. Mogadishu hat die günstigsten Handyraten des Kontinents, gerade weil die Regierung sich nicht eingemischt hat. In der nördlichen Stadt Hargeysa ist bereits die neueste Satellitentelefontechnologie auf dem Markt. Als der Staat im Jahre 1991 zusammenbrach, kam auch die nationale Fluglinie zum Erliegen.
Heute gibt es fünf private Fluganbieter, und die Flugkosten bleiben niedrig. Dies ist ein Somalia, das von den Medien nie gezeigt wird. Selbstverständlich würde eine gute Regierung, oder generell eine Regierung, die Lebensqualität dort enorm verbessern, aber man sieht, dass Somalia nur durch Flexibilität und Einfallsreichtum fähig war, eine funktionierende Gesellschaft aufzubauen.

Afrikanische Lösungen
Die meisten afrikanischen Unternehmen leiden unter dem Loch in der Infrastruktur, allerdings sind die Afrikaner sehr bemüht, sich davon nicht aufhalten zu lassen. Es kostet sie nur halt viel mehr. Ohne ständige Elektrizität müssen die meisten Unternehmen auf Generatoren zurückgreifen. Grosse Bohrlöcher dienen als Wasservorrat. Telefonverbindungen sind regelmäßig lahm gelegt, allerdings kann hier auf Handys ausgewichen werden. In ganz Afrika konnte ich eine hart arbeitende private Industrie beobachten, die bemüht war, afrikanische Lösungen für afrikanische Probleme zu finden.

Ein Beispiel ist die CEO von Vodacom Kongo, das größte Handyunternehmen im Kongo. Alieu Conteh baute sein Unternehmen auf, als der Bürgerkrieg noch auf seinem Höhepunkt war. Da Rebellentruppen den Flughafen von Kinshasa geschlossen hatten, schickte kein ausländischer Hersteller einen Handyempfangsturm, so dass Conteh die lokalen Anwohner überzeugt, Altmetall zu sammeln, um sich selber einen zu basteln. Der Turm steht noch heute. Ein Interview mit erfolgreichen afrikanischen Unternehmern zeigt ihre Kreativität, Standfestigkeit und Genialität. Diese Leute sind die Zukunft des Kontinentes. Sie sind diejenigen, die gefragt werden sollten, um Afrika vorwärts zu bewegen.

Wie besessen von Opfern und Politikern:
Dennoch konzentrieren sich die Medien auf die Opfer oder offizielle Regierungsvertreter und wie jeder, der einmal in Afrika gearbeitet hat, weiß, sind die Regierungen oftmals eher das Problem als die Lösung. Wenn ausländische Medien über die neuste Krise berichten, ist der Interviewpartner grundsätzlich ein ausländischer Retter, ein Helfer aus den Vereinigten Staaten oder Europa. Afrikanische Helfer gibt es überall – sie scheinen jedoch in unserer kulturellen Wahrnehmung nicht aufzutauchen.

Es sind nicht nur die Medien, sondern auch die Literatur, die von fast jeder regierungsfreien Organisation herausgegeben werden. Die besseren zeigen lachende afrikanische Kinder- sie lachen, weil sie von der NGO unterstützt werden. Die Schlechtesten publizieren das Klischee  mit den Fliegen auf dem Gesicht und hoffen, dass der Schmerz diese Bilder sehen zu müssen, ihre Taschen füllt. “Wir zeigen die Armut”, sagte mir ein NGO- Mitarbeiter. Letzten November brachte die Sendung “Primetime Live” von ABC ein Special über die Arbeit des Britischen Prinzen Harry mit aidskranken Kindern in Lesotho. Untertitelt war es mit “Das vergessene Königreich: Prinz Harry in Lesotho”, und schuf so das Bild einer kleinen, verlassenen und isolierten Nation. Die Botschaft dieser Sendung war klar: Diese hilflose Nation hat zumindest einen Ritter- oder Prinzen- in glänzender Rüstung.

Am Ende wurden Charity Adressen angezeigt. Du warst bereit zu geben und das ist gut. Lesotho braucht bei dem Aidsproblem Hilfe. Aber hätte es der Story wirklich geschadet, noch hinzuzufügen, dass diese Nation mit den wenigen Naturressourcen eine Wirtschaft aufgebaut hat, indem es intensiv um ausländische Investoren geworben hat?

Die Wahrheit ist, dass es mehr ist, als ein “vergessenes Königreich”. Der dramatische Anstieg des Exports hat es zum Top Begünstigten des African Growth and Opportunity Act (AGOA) gemacht, einem zoll- und quotenfreien US- Afrika- Handelsabkommen. Mehr als 50 000 Personen haben dank der Landesinitiative einen Job. Könnte es sein, dass dieses Programm ein afrikanisches Land porträtiert hat, das zwar Unterstützung braucht, aber weder hilflos noch ein Opfer ist?
Welches Bild von Afrika?
Oftmals ist Afrika nicht auf der Karte. Der boomende Börsenmarkt dieses Kontinents wird fast nie im Wirtschaftsteil der Zeitungen erwähnt. Wie oft wird für ein afrikanisches Land-  mal abgesehen von Südafrika, Ägypten und Marokko- als attraktives Reiseziel geworden? Auch die Liste des weltweiten Wetterüberblicks beinhaltet nur ein paar afrikanische Städte.

Das Ergebnis dieses Portraits ist ein Afrika, das wir nichts zuordnen können. Es ist so fremd für uns, anders und unverständlich. Und da wir es nirgendwo einordnen können, ignorieren wir es. Es gibt eine Menge Gründe, warum die Medien über Afrika hinweg gehen: Erbsenzähler in der Nachrichtenagentur und die hohen Kosten der internationalen Übertragung, der Glaube, dass das westliche Publikum nicht an den internationalen Geschichte interessiert ist, so wie die Informationshascherei der Nachrichten. Zudem fehlen Journalisten, die über die so genannten „positiven Stories“ berichten”. Wir alle wissen, dass diese Art von Story keinen Preis gewinnt und auch nicht auf der Titelseite landen wird.

Aber Afrika muss nicht in einem besonderen Licht dargestellt werden. Im Jahre 2003 gehörte die Börse von Ghana zu den schnellst wachsenden der Welt. Dies ist keine „positive Story“, das ist Fakt, gleichbedeutend mit denen über die Börse von London. Ich könnte mir vorstellen, dass es viele Konsumenten interessant gefunden hätten zu wissen, wo ihr Geld 144% Gewinn abgeworfen hätte.

Zeichen des Fortschritts Dakar, das im Senegal gegründete Animations- Design- Studio Pictoon hat kürzlich eine 13 teilige Serie namens ‘Kabongo’ vervollständigt. Es ist  die Geschichte eines mystischen Afrikaners, der mit seinem Affen um die Welt reist.

Exporterfolg:
Kenia exportiert Schnittblumen und Gemüse nach London.
Senegal züchtet Kirschtomaten, die in französischen Supermärkten verkauft werden.
Madagaskars Krabben und Fleisch aus Botswana gelangen auch auf andere Märkte.

Finanzielle Verbesserungen
Die Inflationsrate belief sich im Jahre 1990 in Schwarzafrika auf 8,5%, sank aber im Jahre 2003 auf 3,9%.
Das ausländische Direktinvestment wuchs 2004 auf geschätzte $11.3 Billionen. 2000 waren es nur $6.3 Billionen.
Verminderung der Armut
Uganda reduzierte den Prozentsatz der Menschen, die in absoluter Armut leben von 56% im Jahre 1992 auf 35% im Jahre 2000.
Mozambique hat die Armut seit 1997 um 16% reduziert.

Mein unabhängiger Film wurde Dank der Unterstützung der Weltbank möglich gemacht, wofür ich sehr dankbar bin. Aber die Bank hätte nicht einspringen müssen, wenn die Medien ihren Job gemacht und die Afrikaner in all den Facetten ihres Lebens gezeigt hätten.
In einem Geschäft, indem die Geschichte “Mann beisst Hund” übertroffen werden muss, ist es nur natürlich, dass kein Platz für Afrika ist, da dies eher mit der Story “Hund beisst Mann“ vergleichbar ist. Wenn die Medien wirklich nach Neuigkeiten Ausschau halten würden, würden sie auf Afrika schauen, das trotz aller Eigenheiten funktioniert.
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Balufu Bakupa-Kanyinda wurde am 30. Oktober 1957 in Kinshasa geboren. Er hat Soziologie, Geschichte und Philosophie studiert und in Frankreich, England und den USA gelebt. Seine zwei bekanntesten Fictionfilme sind “The Draughtsmen Clash” und “Artícle 15 A”.

Ms Carol Pineau ist Autorin zahlreicherArtikel sowie eines Buches. Derzeit lebt sie in Washington mit ihrem Ehemann und ihrer Tochter.

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